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Übersicht: AktuellesErstellt am: 22.02.2022

Das Westdeutsche Protonentherapiezentrum (WPE) hat seinen 3.000. Patienten behandelt. Besser: seine Patientin. Bei der 39-Jährigen wurde im vergangenen Jahr ein Meningeom diagnostiziert ­– und das erst nach einem langen Weg der Indikationsstellung, in der die Patientin vielfach sich selbst überlassen blieb: „Aufgefangen hat mich nach dieser schrecklichen Nachricht eigentlich erst der Case Manager des WPE. Und so anstrengend die Behandlungen körperlich auch sein mögen, ich fühle mich hier bestens aufgehoben und blicke optimistisch in die Zukunft.“ Für Prof. Dr. Beate Timmermann, ärztliche Leiterin der Klinik für Partikeltherapie am WPE, ist dieses Fazit die eigentlich entscheidende Nachricht: „Die Zahl 3.000 steht ganz sicher für die zunehmende Anerkennung der Protonentherapie als Standardverfahren. Darauf sind wir sehr stolz. Sie steht aber auch für 3.000 Menschen aus aller Welt, die ihre Hoffnung auf Genesung in uns setzen. Und das ist es, was uns Tag für Tag in unserer Arbeit antreibt.“

Meningeome, meist gutartige Tumoren der Hirnhaut, gehören zu den langsam wachsenden Tumoren. Eine Erkrankung geht daher lange Zeit ohne Beschwerden einher; der eigentliche Befund ist meist zufällig. Auffällige Hormonwerte, berichtet die gebürtige Badnerin, die mittlerweile im Rheinland sesshaft geworden ist, hätten in ihrem Fall letztlich zur Diagnose Meningeom geführt. „Bis dahin war es allerdings ein langer Weg. Viele Ärzte haben sich nicht zuständig gefühlt; mir wurden teils Termine mit über einem halben Jahr Wartezeit angeboten. Ich habe mir dann selbst einen MRT-Termin organisiert, um Gewissheit zu haben.“ Und auch um die beste Therapie musste sie sich eigenständig bemühen: „Der Tumor liegt sehr nah an der Hypophyse. Deshalb haben mir alle drei kontaktierten Neurochirurgen nur bedingt zu einer Operation geraten. Diese wäre sehr heikel geworden und es sei mit Schäden zu rechnen gewesen. Also habe ich im Internet nach Alternativen gesucht, bin auf das WPE und die Protonentherapie aufmerksam geworden und habe einfach mal eine Kontaktanfrage geschickt. Und dann ging, nach so langer Zeit, in der ich mich wirklich hilflos gefühlt habe, auf einmal alles ganz schnell. Schon am nächsten Tag hat sich ein Case Manger des WPE bei mir gemeldet, ich habe meine Unterlagen eingeschickt und wurde kurz darauf zu einem Arztgespräch nach Essen eingeladen. Das war alles perfekt organisiert, und mein Case Manager hat für mich alles, was es im Hinblick auf meine Therapie am WPE zu regeln gab, übernommen.“


Hintergrund Meningeome
Meningeome machen etwa ein Viertel aller Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS) im Erwachsenenalter aus. Sie treten häufig zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf; Frauen sind im Durchschnitt öfter betroffen als Männer (3:2). Am WPE machen ZNS-Tumoren rund die Hälfte aller behandelten Tumoren aus. Seit 2013 wurden insgesamt 147 Patientinnen und Patienten mit einem Meningeom behandelt (Stand Dezember 2021). Nach embryonalen Tumoren wie Medulloblastomen (421 Fälle), Gliomen (364) und Ependymomen (299) stellen Meningeome damit die viertgrößte Gruppe innerhalb der am WPE bestrahlten ZNS-Tumoren. Das WPE behandelt als Deutschlands größte Protonentherapieanlage an einem Universitätsklinikum Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland, Europa und dem weiteren Ausland
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Weitere Informationen zur Behandlung von ZNS-Tumoren und Meningeomen finden Sie hier:


Tatsächlich ist die Protonentherapie für die Behandlung von Meningeomen geradezu prädestiniert, kann eine Bestrahlung des Kopfes doch – je nach Strahlendosis – langfristig zu einer Schädigung der hypothalamo-hypophysären Funktion und damit unter Umständen zu hormonellen Erkrankungen mit teils gravierenden Folgen führen. „Viele Meningeome sind aufgrund ihrer Lage nur sehr schwer operabel, und auch eine Bestrahlung ist sehr herausfordernd, da sich um den Tumor selbst in der Regel sehr viel sensibles, schützenswertes Gewebe befindet“, erläutert Prof. Timmermann. Und genau in diesen Fällen spielt die Protonentherapie ihre großen Vorteile aus: eine zielgenaue Bestrahlung bei größtmöglicher Schonung der gesunden Regionen. „Die Strahlenbelastung etwa im Bereich der Hypophyse oder des Hypothalamus lässt sich auf diese Weise verringern. Zugleich sinkt die Wahrscheinlichkeit für Spätfolgen oder Einschränkungen der endokrinen Funktionen. Und das ist gerade dann entscheidend, wenn die Patienten noch jung sind. Denn auf diese Weise wird ihre langfristige Lebensqualität bestmöglich erhalten. Dennoch ist es auch nach 3.000 Patientinnen und Patienten wichtig, Daten und Erfahrungswerte in prospektiven Studien zu sammeln, um die Protonentherapie stetig weiterentwickeln und optimieren zu können.“

Im Rahmen ihrer Behandlung hat sich die 39-Jährige deshalb zur Teilnahme an der „EndoPro-Studie“ entschieden, die gezielt die Langzeitauswirkungen einer kranialen Protonentherapie bei Erwachsenen mit Hirn- und Schädelbasis-Tumoren auf die endokrine Funktion von Hypothalamus und Hypophyse untersucht. Ihre spontane Kontaktaufnahme zum WPE bereut sie nicht eine Sekunde: „Die Bestrahlungen strengen schon an, und ich brauche tatsächlich die Nachmittage auf dem Sofa, um mich auszuruhen. Aber ich weiß, dass hier alles getan wird, um mir zu helfen. Und ich weiß, dass mir hier all meine Fragen auch wirklich beantwortet werden und ich nicht mir selbst überlassen bleibe. Das hilft mir bei der Bewältigung meiner Erkrankung. Ich mag die 3.000. Patientin sein, aber ich bin hier ganz gewiss nicht nur eine Zahl.“


Hintergrund: EndoPro-Studie
Die Studie, an der neben der Klinik für Partikeltherapie am WPE auch die Klinik für Endokrinologie der Universitätsmedizin Essen beteiligt ist, erfasst seit gut zweieinhalb Jahren erwachsene Patientinnen und Patienten, die eine Protonenbestrahlung im Bereich des Kopfes am Westdeutschen Protonentherapiezentrum Essen (WPE) erhalten. EndoPro untersucht die Effekte von volumenabhängigen Strahlendosen auf hypophysäre und hypothalamische Strukturen sowie die dadurch möglicherweise entstehenden langfristigen Auswirkungen auf hormonelle Funktionen. Dabei soll auch geklärt werden, ob nach einer Protonentherapie solche Folgen seltener auftreten als mit anderen Methoden bzw. ab welcher Dosisbelastung der Hirnanhangdrüse es mit welcher Wahrscheinlichkeit zu welchen Hormonstörungen kommen kann. Bis Ende 2021 wurden 82 Teilnehmende in der Studie erfasst. Mit 32 Prozent stellen Patientinnen und Patienten mit Meningeomen dabei die größte Gruppe.